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Fragen und Antworten zum Atomausstieg

Der 15.04.23 war ein historischer Tag! Die letzten drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke sind vom Netz gegangen. Damit haben wir den Atomausstieg endlich abgeschlossen – und zwar unwiderruflich! Und das ist auch gut so!

Atomkraft ist eine gefährliche Hochrisikotechnologie, die nicht zuletzt auch wegen des Faktors Mensch niemals vollständig beherrschbar sein wird. In den wenigen Jahrzehnten der zivilen Nutzung gab es schon zahlreiche schwere Havarien wie z.B. Harrisburg, Tschernobyl oder Fukushima. Neben diesen Risiken und weiteren bekannten Problemen, wie einem fehlenden Endlager für nukleare Abfälle, ist Kernkraft auch eine extrem teure Art der Energiegewinnung, die vier Mal so viel kostet wie Strom aus Wind- und Solarenergie.

Bezahlbare und verlässliche Energie ist erneuerbar! Daher müssen wir bei den Erneuerbaren jetzt aufs Gaspedal drücken. Denn auch unsere verbleibende Abhängigkeit von Kohle- und Gaskraftwerken werden wir nur durch die Nutzung und den massiven Ausbau von Wind- und Solaranlagen überwinden. Darauf kommt es jetzt an. Im Bereich der Industrie steht mit der Wasserstofftechnologie eine weitere Alternative zu Verfügung. Statt auf die gefährliche umweltfeindliche und unwirtschaftliche Kernenergie zu setzen, müssen wir Wasserstoff und erneuerbare Energien schnell und unbürokratisch ausbauen!

Die Debatte über die Atomkraft hat in den letzten Tagen und Wochen nochmal Fahrt aufgenommen. Vorrangig werden Fragen der Energiesicherheit und der angebliche Beitrag der Atomkraft zur Energiewende diskutiert. An dieser Stelle möchte ich daher ein FAQ (Häufig gestellte Fragen) der SPD-Bundestagsfraktion online stellen. Gerade auch in Krisenzeiten gehört es zu einer verantwortungsvollen Politik, die jeweiligen Sachargumente zu berücksichtigen.

• Ja! Es drohen keine Blackouts. Der Anteil der Atomenergie an der deutschen Stromerzeugung betrug zuletzt nur noch rund 5 %.

• Ein Weiterbetrieb ist für die Versorgungssicherheit im kommenden Winter nicht erforderlich, weil ein gegenüber 2022 verändertes Energieszenario vorliegt. Gasimporte aus Russland wurden weitgehend kompensiert bei gleichzeitig verringerter Nachfrage. Zudem werden die Erneuerbaren Energien zügig ausgebaut. Dafür haben wir im letzten Jahr wichtige gesetzliche Weichen gestellt und planen in diesem Jahr weitere Erleichterungen beim Ausbau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen.

• Deutschland exportiert mehr Strom als es erzeugt (28 TWh im Jahr 2022); einen Großteil nach Frankreich, das zu 65 % auf Atomkraft setzt.

• Nein. Die Atomkraft hat einen nur geringen Effekt auf den Strompreis.

• Der Strompreis richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Der tatsächliche Marktpreis am Strommarkt wird jeweils in erster Linie durch die Erzeugungskosten des letzten gerade noch benötigten Kraftwerks bestimmt. Der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien hat deshalb einen senkenden Effekt auf den Strompreis.

• Der Strompreis ist in ersten Quartal 2023 deutlich unter den Vorjahresquartalspreis gesunden, obwohl die verbleibenden drei Atomkraftwerke im sogenannten Streckbetrieb lediglich mit verringerter Leistung betrieben wurden (Q1 2023: 115,82 Euro/MWh; Q1 2022: 184, 62 Euro/MWh).

• Nein. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten für Atomkraft sind ein Vielfaches höher als die Stromgestehungskosten von den mittlerweile abgeschriebenen Atomkraftwerken, die immer als Argument für „billigen“ Atomstrom angeführt werden. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten sind, wenn man allen Arten der Stromversorgung miteinander vergleicht, beim Atomstrom am höchsten (Versicherung, Störfälle, Endlager).

• Beispielsweise ist die Versicherungspflicht der Betreiber gesetzlich gedeckelt. Darüberhinausgehende Schäden hat die Allgemeinheit zu ersetzen. Atomkraftwerke könnten ohne diese staatliche Subventionierung nicht wirtschaftlich betrieben werden. Dasselbe gilt für die Endlagersuche: Die Betreiber der Atomkraftwerke wurden mit Zahlung von insgesamt 24 Mrd. Euro aus der Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung entlassen. Ob das Geld reicht, kann wegen des enormen Zeithorizonts niemand verlässlich sagen.

• Auch die Beispiele aus Frankreich und Finnland zeigen, wie hoch die finanzielle Belastung der Gemeinschaft ist: Der größte europäische Energiekonzern EDF (Électricité de France) soll inzwischen komplett verstaatlicht werden, weil er die finanziellen Lasten der Atomkraft alleine nicht mehr schultern kann. EDF vermeldete für 2022 ein Rekordverlust von knapp 18 Milliarden Euro.

• Die Bauzeit des finnischen Reaktors Olkiluoto sollte eigentlich vier Jahre betragen, hat aber tatsächlich 18 Jahre in Anspruch genommen. Die Kosten stiegen in dieser Zeit um mehr als das Vierfache und werden nun auf rund elf Milliarden Euro geschätzt.

• Nein! Die sichere und dauerhafte Lagerung hochaktiver, radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente ist nach wie vor ungelöst. Es ist weltweit noch kein einziges Endlager für solche Abfälle in Betrieb. Die Suche nach einem Endlager in Deutschland soll bis mindestens 2046 andauern. Das Endlager muss dauerhaften Schutz von Menschen und Umwelt vor der Strahlenbelastung für eine Million Jahre gewährleisten! (§ 1 Abs. 2 StandAG)

• Atomkraft ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie und ein schweres Erbe, das wir den nachfolgenden Generationen aufbürden. 30.000 Generationen werden noch mit dem Atommüll leben müssen.

• Die Erzeugung von Atomstrom ist keineswegs emissionsfrei. Bei der Gewinnung, dem Transport und der Aufbereitung von Uran entstehen Emissionen. Auch beim langen und aufwändigen Bau sowie dem Rückbau der Atomkraftwerke wird CO₂ freigesetzt. Nicht zuletzt erzeugt die komplexe Einlagerung des Atommülls Emissionen.

• Erneuerbare Energien und Atomenergie ergänzen sich nicht, da Atomkraftwerke ungeeignet sind, flexibel Lastspitzen auszugleichen. Deshalb brauchen wir auch den systematischen Umstieg auf Erneuerbare Energien und deren fluktuierende Eigenschaften – durch Speicher, intelligente Netze und weitere Flexibilitäten, etwa regelbare Gaskraftwerke, die zukünftig auch mit Wasserstoff betrieben werden können.

• Der Weiterbetrieb würde den Ausbau der Erneuerbaren Energien sogar hemmen. In Stunden hoher Einspeisung müssten die Erneuerbaren abgeregelt werden.

• Atomkraftwerke sind nicht dürreresistent (Kühlwassermangel). Wie sich im vergangenen Sommer in Frankreich gezeigt hat, als die Hälfte der 56 Atomkraftwerke zu einem erheblichen Teil wegen zu niedriger Flusspegel zeitweise stillstand. Zum anderen Teil mussten Atomkraftwerke wegen Rissbildung an den Reaktoren vom Netz genommen werden.

• Nein. Ein zukünftiger Weiterbetrieb der drei Atommeiler ist ohne Beschaffung neuer Brennstäbe und Nachholung der seit 2019 ausstehenden Sicherheitsüberprüfungen nicht möglich. Beides wäre sehr zeitintensiv und teuer.

• Nur die Bereitschaft eines Atomkraftwerkes verbraucht 20 bis 30 MWh Strom pro Stunde aus dem öffentlichen Stromnetz, der an anderer Stelle fehlt. Das entspricht dem durchschnittlichen Jahresstromverbrauch von 10-15 Zwei- Personen-Haushalten (Jahresverbrauch von 2.000 kWh zugrunde gelegt).

• Nein! 5/6 der UNO-Staaten beziehen ihre Elektrizität komplett aus anderen Quellen. Weltweit beträgt der Anteil von Atomstrom nur noch ca. 10 Prozent. Auf nur wenige Länder entfallen drei Viertel der weltweiten Atomstromproduktion, fast die Hälfte nur auf China und die USA.

• Atomenergienutzung findet verstärkt in Staaten statt, die zugleich Atomtechnologie militärisch nutzen oder zu Zulieferstaaten von Atomtechnologie zählen. Das Know-how und der Zugang zu nuklearem Material zur militärischen Nutzung werden über Atomkraft ermöglicht.

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